Nachlese zur UFO-Tagung bei Fulda 2017

von Jochen Ickinger

Am 24.06.2017 fand in der Nähe von Fulda die erste gemeinsame Tagung der drei in der "Deutschen Kooperationsinitiative UFO-Forschung" vertretenen Gruppen DEGUFO, GEP und MUFON-CES statt. Nach der UFO-Tagung 2009 in Schmerlenbach, wo ebenso deutsche UFO-Gruppen sowie die Gesellschaft für Anomalistik gleichermaßen beteiligt waren, ist dies die zweite vergleichbare Tagung. Als GEP-Mitglied wollte ich nicht nur die persönlichen Kontakt-Möglichkeiten nutzen sondern war insbesondere am Vortrag zum Greifswalder UFO-Fall interessiert, der, im Gegensatz zu unseren eigenen Recherchen, den Fall noch als offen bzw. ungeklärt darstellen sollte.
Das Datum wurde bewusst gewählt, in Anlehnung an das 70jährige Jubiläum der Sichtung von Kenneth Arnold am 24.06.1947, die als Geburtsstunde des modernen UFO-Phänomens sowie der "fliegenden Untertassen" gilt.

Vorgesehen waren sechs Vorträge; je einer seitens der beteiligten Gruppen und drei Vorträge von externen Referenten. Hierzu waren ursprünglich Referenten aus dem Ausland vorgesehen. Hintergrund war die abschließende Podiumsdiskussion zum Thema "Europäische UFO-Forschung". Zugesagt hatten letztlich Forscher aus Polen und Frankreich. Aus Frankreich sollten Vertreter der im Elsass angesiedelten Gruppe SPICA teilnehmen, die hierzulande vor allem von den Cröffelbacher UFO-Tagungen in den 2000er Jahren bekannt sind. Leider mussten diese ihre Teilnahme im Vorfeld absagen, so dass die offenen Vortragsblöcke anderweitig gefüllt wurden.


Den Beginn machte Jörg Kiefer von der MUFON-CES, der zum Thema der (radartechnischen) Luftraumüberwachung referierte und sehr ausführlich die Struktur der Radarüberwachung in Deutschland mit den jeweiligen Zuständigkeiten darstellte, sowie ebenso, was im Einzelnen getrackt bzw. worauf geachtet und was aussortiert wird und mögliche Fehlerquellen. Kiefer zeigte einige freie Recherchequellen zum Flugverkehr, wie bspw. das bekannte Flightradar24 und auch die Bezugsmöglichkeiten von Radaraufzeichnungen über Anfragen bei offiziellen Stellen. Abschließend zeigte er einige Radaraufzeichnungen mit aus seiner Sicht ungeklärten Objekten, wobei er darauf hinwies, dass im Fokus solche mit begleitenden visuellen Beobachtungen stehen, um reine Radarfehler weitgehend auszuschließen.
Unter den Beispielen war auch der Vorfall beim Stuttgarter Flughafen aus dem Jahr 2009, der damals auch Schlagzeilen in der Presse machte. Dazu zeigte Kiefer eine Radaraufzeichnung, die die Flugspur des vermeintlichen Objekts zeigt und, mit einer Unterbrechung, von Freiburg in gerader Linie bis Prag reicht.
Damals hatten auch Untersucher des CENAP zu dem Fall recherchiert, wobei als mögliche Erklärung eine der Drohnenüberführungen der USAF nach Polen in den Raum gestellt wurde, was sich zumindest mit der aufgezeichneten Radarspur (Richtung Polen) decken würde.
Insgesamt gesehen fand ich den Vortrag sehr informativ mit einigen mir bislang unbekannten Aspekten zur Radarüberwachung. Auch den Ansatz, darüber zusätzliche, objektivierbare Indizien zu UFO-Beobachtungen zu bekommen, halte für durchaus berechtigt. Die Zusammenführung von derartigen Aufzeichnungen mit visuellen Beobachtungen bzw. zu deren Begründung ist allerdings auch interpretativ, da korrelierende Indizien nicht zwangsläufig auch kausal zusammen hängen müssen. Insofern entbindet auch das nicht einer kritischen Prüfung.

Den zweiten Vortrag hielt Rafal Nowicki von der polnischen "Nautilus Foundation" zu einem Fotofall aus 2005, nahe Zdany. Die Fotos zeigen ein scharf abgebildetes Objekt, das nahe einer Straße über einem Feld schwebt bzw. sich nach oben bewegt. Davor habe es zwei Fahrzeuge auf der Straße durch Ausfall der elektrischen Systeme zum Stehen gebracht. Nowicki setzte den Schwerpunkt auf die Frage einer Fotomanipulation, von der ich selber hier gar nicht ausgehen würde, und versuchte ausführlich die "Echtheit" zu begründen. Unterstützend zur Glaubwürdigkeit der Zeugen brachte er einige Aspekte, die nicht nur mir allerdings etwas seltsam erschienen. So war bspw. einer der Zeugen war kurz davor in einen Unfall mit Fahrerflucht mit dem auf einigen Fotos zu sehenden Pkw verwickelt, so dass er sich wohl nicht kurz danach hätte ablichten lassen und er hätte für die Temperatur eine zu leichte Jacke getragen, um darin dann ggf. längere Zeit dort im Freien zu verbringen und einen Fake zu inszenieren. Letztlich wurde aber die Frage eines Fakes mittels eines Modells nicht thematisiert, dafür wurden Tests zur Größenermittlung mit ähnlichen Modellen (!) durchgeführt, die zu einer mutmaßlichen Größe von um die 2 Meter führten (plus/minus).
Für mich sieht das eher nach Aluschüsseln oder einer Bastelarbeit mit einem Heliumballon oder dgl. aus, garniert mit dem alten Klischee der EM-Emmissionen außerirdischer Technik, die Autoelektrik lahmlegt. Warum die unterstellten, hochentwickelten Aliens keine wirksame EM-Abschirmung haben, fragt sich dabei niemand. Wie so oft, hat auch hier niemand sonst, außer den beteiligten Zeugen, das Ding gesehen. Also eine reine Glaubensfrage. Der Fotofall kann auf der Webseite der Nautilus Foundation eingesehen werden.

Dritter Referent war André Kramer von der GEP, zum Thema der psychosozialen Folgen so genannter UFO-Entführungserlebnisse. Hintergrund ist sowohl seine berufliche Tätigkeit in der Sozialpsychiatrie, als auch seine derzeit in Arbeit befindliche Diplomarbeit zu diesem Thema. Er stellte dazu seine Vorgehensweise und Forschungsfragen vor und beschrieb auch die in Frage kommenden psychologischen Ursachen, die derartige Erlebnisse auslösen können. Kramer betonte aber, dass es nicht darum ging den Erlebnissen eine Erklärung zuzuordnen, sondern um die Erlebnisse und deren Auswirkungen auf die Betroffenen, deren Verhalten und insbesondere auch deren soziales Umfeld. Die tatsächliche Ursache für die Erlebnisse spielt dabei eine untergeordnete Rolle und er bot den Betroffenen auch keine Erklärung an. Klammert man bewusst erfundene Geschichten aus, dann dürften sich alle einige sein, dass es sich um subjektiv wahre Erlebnisse handelt, die postraumatische Folgen haben können und man die Betroffenen grundsätzlich an geeignete, psychologisch geschulte Anlaufstellen verweisen sollte. Eine denkbare Anlaufstelle könnte das IGPP in Freiburg sein.

Als vierter Referent behandelte Bernd Dohmen (Pseud.) das bekannte Hessdalen-Phänomen. Dohmen ist auch Betreiber der Webseite "Hessdalen Germany". Er gilt als Spezialist für astronomische Zeitrafferaufnahmen. Ebenso befasst er sich mit Spektralfotografie. Er bot eine gute allgemeine Übersicht zum Phänomen und der örtlichen Verhältnisse. Er thematisierte nicht nur die verschiedenen aktuellen theoretischen Ansätze zur Ursache des Phänomens, sondern auch die mannigfaltigen herkömmlichen Ursachen und Täuschungsmöglichkeiten. Aus eigenen Reisen vor Ort stellte er einige Beispiele für Fehlinterpretationen vor. Interessant dabei, dass manche Auflösung nur möglich war, weil ein Kollege mit einem Teleobjektiv parallel fotografierte und erst so die wahre Ursache erkennbar war, wie einmal nächtliche Fischer auf einem zugefrorenen See oder eine Hütte an einer Stelle, an der keine erwartet wurde. Ebenso gab er Beispiele, die seiner Meinung nach "echte" Hessdalen-Lichter zeigten. Dohmen favorisierte dazu keine bestimmte Theorie, bekannt ist aber, dass er grundsätzlich mit der ETH sympathisiert; er ist auch Autor des Buches "Außerirdische - Das große Tabu unseres Zeitalters". Nichtdestotrotz ein gelungener und informativer Vortrag.
Unter kritischen Untersuchern gibt es unterschiedliche Ansichten dazu. Ich selber sehe hier derzeit durchaus einen Ansatz eines anomalen atmosphärischen Phänomens, jenseits von Alien-Spekulationen, für das es auch verschiedene Theorieansätze gibt.

Der fünfte Vortrag war der von mir mit Spannung erwartete Vortrag von Marius Kettmann von der DEGUFO zu den Greifswaldlichtern von 1990, vorgestellt als "Deutschlands bekanntester UAP-Fall". Der Fall beschäftigt seitdem die deutsche UFO-Forschung und wird hitzig und leider nicht immer sachlich diskutiert. Zuletzt erschien dazu 2012 ein umfassender, von Dennis Kirstein zusammengestellter, Abschlussbericht auf ufo-information.de, der die Militärmanöver-Theorie begründet. Zum Einstieg bezog sich Kettmann dann ausdrücklich auf MUFON-CES, CENAP und ufo-information.de als Materialquellen für seinen Vortrag, wo es jeweils umfassende Untersuchungen dazu gab. In seiner Darstellung des Vorfalls fand sich dann auch das uns bekannte Material. Er thematisierte auch die Theorie eines Militärmanövers seitens der tschechischen Luftwaffe, warf dazu aber einige Fragen auf, insbesondere die mangelnde Bestätigung und Kenntnis eines solchen Manövers. Ebenso bezweifelte er den Einsatz der Leuchtbomben als Luftziele, da diese mehr als Gefechtsfeldbeleuchtung verwendet worden seien. Ein wichtiger Einwand von ihm war auch die Brenndauer, die, allerdings nur nach wenigen (einer?) Zeugenaussagen, deutlich länger als die meist verwendeten 7 Minuten gewesen sei. Ein angeblich dazu existierens Video ist aktuell nicht belegt. Wir haben das auch in unserem Bericht thematisiert und ich hatte auch in der Diskussion darauf hingewiesen, dass es auch Leuchtbomben mit deutlich längerer Brenndauer gibt, ebenso dass es erst 2012 ein russisches Militärmanöver bei St. Petersburg gab, bei dem diese Leuchtbomben verwendet wurden und sich dasselbe Erscheinungsbild zeigte. Kettmann wies in der Diskussion darauf hin, dass er sich selber noch nicht festlegen und auch nicht unbedingt von Außerirdischen ausgehen wolle. Er wollte auch die von Kritikern favorisierte Theorie nicht gänzlich ausschließen, meinte aber, dass man dazu noch weitere Nachforschungen anstellen müsse und seine Recherchen noch nicht abgeschlossen seien. Kettmann plant dazu keinen Bericht in herkömmlicher Form, sondern möchte ein Buch zu diesem Vorfall herausbringen.
Wir werden zu diesem Thema und dem Vortrag noch gesondert auf ui.de eingehen.
Insgesamt möchte ich aber feststellen, dass der Vortrag sachlich gehalten war und auch die von uns zusammengetragenen Fakten und Unterlagen dem Grunde nach nicht bestritten oder angegriffen wurden. Lediglich in der Interpretation und Schlussfolgerung gibt es Differenzen. Eine Fortführung der Diskussion auf dieser sachlichen Ebene wäre wünschenswert.

Als sechster und letzter Vortrag war ein Beitrag von Andreas Anton vom IGPP in Freiburg zur Frage "Sind UFOs ein Thema für die Wissenschaft?" geplant. leider musste der Referent aufgrund einer Erkrankung kurzfristig absagen. Ich fand das sehr schade, da ich sehr auf diesen Vortrag gespannt war. Die freie Zeit wurde einerseits für die vorhergehenden Diskussionen genutzt, andererseits wurden zwei kurze Präsentationen eingeschoben. Zum Einen zu einem Fotofall der an alle drei Organisationen eingereicht wurde, eine Lichtkugel vor einem Passagierflugzeug zeigt und derzeit noch ungeklärt ist. Ergänzend gibt es eine Radaraufzeichnung, die das Objekt vor dem Flugzeug zeigen soll. Bleibt abzuwarten, was die weiteren Recherchen bringen.
Als zweites gab es eine kurze Vorführung kameratechnischer Ausrüstung, sowie ein Beispiel für den Einsatz eines Raspberry Pi mit einer kleinen Kamera. Wie auch schon beim Thema der Luftraumüberwachung angemerkt, gilt letztlich für die gesamte instrumentelle Unterstützung in diesem Bereich, dass diese zusätzliche Indizien liefern kann, nicht mehr und nicht weniger, die aber auch weitere Fehlerquellen beinhalten können. Aus meiner Sicht sollten hierbei auch Kooperationen mit bestehenden externen Netzwerken angestrebt werden. So gibt es bspw. das Feuerkugelnetzwerk, das auch kameragestützte Himmlsüberwachung betreibt, sowie europaweite Netze von Messtationen zur Gravitations- und Magnetfeldmessung, mit denen sich eigene Messungen abgleichen und verifizieren ließen. Eine kritische Rezeption zur instrumentellen Forschung findet sich auf ui.de.
Robert Fleischer von Exopolitik, der auf der Tagung mehrfach Filmaufnahmen machte, nutzte die Gelegenheit, um einen Videoblog für die drei Gruppen anzubieten, der auf dem Youtubekanal von Exopolitik ausgetrahlt werden sollte. Hierzu sollten etwa alle zwei Wochen Beiträge die Arbeit und aktuelle Aktivitäten der Gruppen vorstellen, um so neue Interessenten und Mitglieder zu gewinnen. Hintergrund ist für Fleischer die Tatsache, dass bspw. italienische UFO-Gruppen bis zu 1000 Mitglieder hätten und in Deutschland alle drei zusammen gerade mal zwischen 200 und 300, was für ihn völlig unverständlich sei. Hierzu sei angemerkt, dass solche Vergleiche zwischen den Ländern problematisch sind und man das nicht einfach übertragen kann. Ebenso dürfte die Klientel, die Exopolitik für ihre eigenen Produktionen erreicht, mehrheitlich eine andere sein, als sie für die Arbeit der UFO-Gruppen in Frage kommt. Auch muss sich jede Gruppe fragen, ob das die eigentliche Zielgruppe für die eigene Arbeit ist. Ich würde damit keine allzu hohen Erwartungen verbinden.

Zum Tagungsabschluss gab es die angekündigte Podiumsdiskussion zum Thema "UFO-Forschung in Europa". Im Mittelpunkt die Möglichkeiten bzw. eher die Schwierigkeiten eines verbesserten Austausches und Kontaktes der Gruppen untereinander. Festgestellt wurde, dass es nur sehr spärliche Kontakte zu Gruppen außerhalb Deutschlands gibt. Einzigstes Medium mit einem länderübergreifenden Austausch ist derzeit die EuroUFO-Mailingliste. Das Haupthindernis dürfte sicherlich die Sprachbarriere sein, da sich die jeweiligen Gruppen überwiegend auf ihre Landessprache beschränken.

Mit 30 bis 40 Teilnehmern war die Tagung recht gut besucht. Weitere Tagungen in diesem Format, unter dem Dach der "Deutschen Kooperationsinitiative UFO-Forschung", sollen folgen. Ich für mich kann feststellen, dass es insgesamt sachlich zuging und informativ war, auch wenn ich mich nicht allen Aussagen anschließen kann. Aber wie ein Kollege treffend feststellte, ist sowas immer auch ein "Social Event", mit der Möglichkeit des persönlichen Austausches, was man nicht unterbewerten sollte. Eine weitere Einbeziehung kritischer Beiträge in zukünftigen Tagungen würde die Ausgewogenheit verstärken.

Noch eine abschließende Anmerkung: Von den Veranstaltern wurde die "neue Kooperation" der drei Gruppen hervorgehoben und die gemeinsamen Projekte, nachdem zuvor Grabenkämpfe und Streitereien vorgeherrscht hätten, die die gesamte Forschung behinderten. Das erweckte den Eindruck, dass es die ganzen vergangenen Jahrzehnte nur Auseinandersetzungen und keine Zusammenarbeit und keinen Fortschritt gegeben hätte. Dem möchte ich an dieser Stelle widersprechen. Es gab tatsächlich vor einigen Jahren die bekannten Auseinandersetzungen, diese stehen aber nicht stellvertretend für die gesamten 40 Jahre, seit es die private Forschung in dieser Form und den damals neu gegründeten Gruppen CENAP, GEP und MUFON-CES gab.
Es gab damals von Beginn an eine sehr gute Kooperation und Zusammenarbeit, vor allem zwischen CENAP und GEP und bis in die 1990er Jahre regelmäßige gemeinsame Tagungen und Workshops, an denen oftmals auch weitere Gruppen beteiligt waren, was auch mit den Cröffelbacher Tagungen in den 2000er Jahren fortgesetzt wurde. Ebenso gab es Kontakte zwischen GEP und MUFON-CES. Auch hat man sich intensiv in der Falluntersuchung ausgetauscht, inkl. eines Rundversands von Fallakten zur gegenseitigen Beurteilung. Auch gab es Ansätze hinsichtlich der Datenverarbeitung und Fallklassifizierung sowie u.a. ein von der GEP geleitetes Projekt zur Zeugenwahrnehmung, an dem sich viele verschiedene Forscher beteiligt hatten.
Natürlich gab und gibt es auch manche kritische Auseinandersetzung, aber auch das gehört in der wissenschaftlichen Forschung dazu. Ich möchte dazu zum Schluss den Soziologen Dr. Edgar Wunder zitieren, der auf der letztjährigen Tagung der GfA festgestellt hat, dass "Wissenschaft Kritik und Kritiker braucht" und insbesondere den "direkten kritischen Dialog untereinander".

Linksammlung:
Deutsche Kooperationsinitiative UFO-Forschung
Nautilus Foundation (Fotofall Zdany)
Hessdalen Germany
Fall Kenneth Arnold auf ui.de
Fall Greifswald auf ui.de
Kritik zur instrumentellen UFO-Forschung auf ui.de