Wenn man das UFO/UAP-Thema als legitimes Forschungsgebiet in der Wissenschaft etablieren oder auch eigene Forschungen in die wissenschaftliche Diskussion einbringen möchte, dann gehört dazu die strikte Anwendung wissenschaftlicher Methoden. Das geht los bei der Erhebung der Sichtungsdaten, über die Analyse spezifischer Daten und Indizien bis hin zur abschließenden Beurteilung und Klassifizierung. Nur eine stringente wissenschafltiche Methodik schafft Transparenz, sowie Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit. Diese wissenschaftliche Strenge wird sowohl seitens institutionell angesiedelter Forschung, wie der AARO in den USA, oder der GEIPAN in Frankreich, als auch seitens privat motivierter Forschung eingefordert, wie hierzulande bspw. von der GEP.
Die angewandten Methoden können da ganz unterschiedlicher Natur sein. So bieten sich bspw. Für die Videoanalyse auch mathematische Methoden an, wie ein Beitrag auf PBS News beschreibt. Darin erläutert der Weltraumphysiker Joshua Semeter, der Teil des NASA UAP Independent Study Teams war, die Analyse eines der bekannten UAP-Videos der US Navy, das so genannte GO FAST-UAP-Video. Semeter hat nicht gezögert, der NASA bei der Erforschung unidentifizierter anomaler Phänomene (UAP) zu helfen:
Ich war sehr gespannt darauf, vielleicht Zugang zu Daten zu bekommen, die wirklich interessant und schwierig zu interpretieren sind. Und wir sind bei unserer Arbeit auf diese außergewöhnliche Art von Daten gestoßen.
Das unabhängige, 16-köpfige Independent Study Team, das die NASA im Jahr 2022 einberufen hatte, sollte Daten im Zusammenhang mit UAPs untersuchen. Im selben Jahr richtete das US-Verteidigungsministerium das All-domain Anomaly Resolution Office (AARO) ein, dessen Aufgabe unter anderem darin besteht, Daten aus UAP-Videos in nationalen Sicherheitsbereichen zu sammeln und zu analysieren. Semeter half bei der Analyse des erwähnten UAP-Videos namens „GO FAST“, in dem sich ein Objekt, das von einer Kamera eines US-Militärjets gesehen und aufgezeichnet wurde, mit einer scheinbar sehr hohen Geschwindigkeiten bewegt. In einer Anhörung vor dem Kongress zeigte AARO-Direktor Jon Kosloski auch, wie die Datenanalyse dazu beitrug, dieses UAP-Video zu erklären, und erklärte, wie sie Trigonometrie einsetzten, um „mit hoher Sicherheit“ zu beurteilen, warum das Video außergewöhnlich erschien.
Ein Trick des Auges namens Parallaxe lässt es so aussehen, als ob sich das Objekt viel schneller bewegt. Wir haben eine detaillierte Abhandlung über die Parallaxe verfasst und auf unserer Website veröffentlicht, so dass die Öffentlichkeit unsere mathematische Analyse buchstäblich überprüfen kann. (Siehe All-domain Anomaly Resolution Office, 2024, 2025).
Zu den Werkzeugen, die von Forschern dazu eingesetzt werden, um Beweise für unbekannte Phenomene zu untersuchen, gehören neben wissenschaftlichen Methoden auch die Mathematik und Unterstützung aus der Bürgerwissenschaft („Citizen Science“). Kosloski zufolge ist das Sammeln von Informationen aus der Bevölkerung entscheidend für die Aufgabe des Programms, UAP-Daten zu analysieren. Semeter sieht das Niveau der hier angewandten Mathematik etwas über High School-Niveau. Er sah sich die Daten an, die in dem Video gezeigt wurden, das der Militärjet zusammen mit dem mysteriösen Objekt aufgenommen hatte. Indem er diese Zahlen in eine trigonometrische Gleichung einsetzte, kam er zu einer Antwort auf die Frage, warum sich das Objekt so schnell zu bewegen schien.
Man kann nicht einfach nur raten oder dem Objekt qualitativ eine schnelle Bewegung zuschreiben. Man muss sich also der Mathematik zuwenden, um die richtige Antwort zu finden.
So könne die Geschwindigkeit des Flugzeugs, die Entfernung zum Objekt und der Winkel zwischen dem Flugzeug und dem Objekt verwendet werden, um das Objekt zu triangulieren und die Geschwindigkeit zu bestimmen. So zeigten diese Berechnungen, dass sich das Objekt wahrscheinlich mit etwa 50 bis 65 km/h bewegt.
Wenn es sich um ein unbemanntes Luftfahrzeug handelt, das mit einer Geschwindigkeit von 40 mph [etwa 64 km/h] über den Ozean fliegt, könnte das für die nationale Sicherheit von Bedeutung sein. Aber es ist auch erwähnenswert, dass diese Geschwindigkeit mit der Geschwindigkeit der Winde in der Höhe des Objekts übereinstimmt.
Semeter sieht mehr Daten, egal aus welcher Quelle, als einen wichtigen Teil des Verständnisses von UAPs an sowie eine gute, solide Mathematik. Es ist sehr schwierig, Beobachtungen eines Objekts zu fälschen, das von Dutzenden von Menschen von verschiedenen Orten und aus verschiedenen Winkeln beobachtet wurde, so Semeter. Diese Winkel und Standorte können dann zu ähnlichen Triangulationsberechnungen führen, wie sie Semeter für das „GO FAST“-Video durchgeführt hat.
Wenn etwas Außergewöhnliches wie das GO FAST-Video aufgezeichnet wird, spielen Wissenschaftler und Mathematiker eine wichtige Rolle bei der Analyse dessen, wonach es aussieht und was es wirklich ist, da allein die natürliche Intuition des Gehirns nicht ausreicht, um es zu verstehen. Manchmal, so Semeter, kann man ein unidentifiziertes Video oder Bild nur mit Hilfe der wissenschaftlichen Methode verstehen. Dazu gehört das Sammeln von Daten, das Analysieren der Beweise und das Finden von Zusammenhängen, um zu beweisen, was das Ergebnis sein könnte. Semeter schlägt die Anwendung der wissenschaftlichen Methode vor, wenn man denkt, mein Gott, was ist das für ein Ding?
Ich hoffe, dass ich die Leute davon überzeugen kann, dass es sich lohnt, denn wenn wir dann endlich an den Punkt kommen, an dem es etwas absolut Außergewöhnliches gibt, können wir es sicher einschätzen.
Während einige UAP-Videos noch nicht vollständig erklärt werden können, ist Semeter bei seiner eigenen Beweissammlung und Analyse nach eigener Aussage bislang auf nichts gestoßen, was einer außerirdischen Intelligenz ähnelt.
Das Phänomen der Parallaxe in der Geschwindigkeitswahrnehmung ist bei Aufnahmen seitens luftgestützter Kameras sehr verbreitet und vermittelt häufig einen falschen Eindruck über die tatsächliche Geschwindigkleit des aufgenommenen Objekts. Das zeigt sich bspw. auch in der Diskussion um das Aguadilla-UAP-Video auf Puerto Rico.
Ergänzend zu dem Beitag auf PBS News findet sich ein Video auf YouTube über die mathematische Methode bei der Videoanalyse.
Quellen:
All-domain Anomaly Resolution Office (2024). Effect of Forced Perspective and Parallax View on UAP Observations. An AARO Information Paper. https://www.aaro.mil/Portals/136/PDFs/Information%20Papers/AARO_Effect_of_Forced_Perspective_and_Parallax_View_on_UAP_Observations_2024.pdf
All-domain Anomaly Resolution Office (2025). Case: "Go Fast". Case Resolution. https://www.aaro.mil/Portals/136/PDFs/case_resolution_reports/AARO_GoFast_Case_Resolution_Card_Methodology_Final.pdf
Kuhn, C. (2025, 24. April). 3 ways scientists use math to help debunk UFO videos. PBS News. https://www.pbs.org/newshour/science/3-ways-scientists-use-math-to-help-debunk-ufo-videos
NASA Science (2024, 10. Januar). UAP. https://science.nasa.gov/uap/
PBS NewsHour (2025, 25. April). How scientists use math to help explain UFO videos [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=diPXow8zgc8